Leipzig, Holzhausen, ÖPNV, Nahverkehrsplan
Holzhausen, Leipzig, 10.12.2019 – In der Messestadt wird derzeit die Weiterenticklung des Nahverkehrsplanes diskutiert. Weil es auch um Holzhausen geht, hat der Ortschaftsrat einen Änderungsantrag eingebracht. Statt Ideen für einen zeitgemäßen Cityanschluss listet der aber nur Reförmchen. Obwohl mit wenig Aufwand sehr viel mehr möglich wäre.
Die Punkte des Änderungsantrages im Einzelnen. Eins: Erhöhung der Taktfrequenz der Buslinie 74 zwischen 6.30 und 8.30 Uhr sowie zwischen 16.00 und 18.00 Uhr wochentags.
Zwei: Erhöhung der Taktfrequenz der Buslinie 172 zwischen 6.00 und 8.00 Uhr sowie 16.00 und 18.00 Uhr wochentags.
Drei: Verbesserung der Busanbindung (Linie 74) einzelner Gebiete Holzhausens (ehemalige Gemeinde Zuckelhausen).
Vier: Verlängerung der Straßenbahnlinie 15 bis nach Liebertwolkwitz vor 2024, dort
Einrichtung einer P&R-Fläche.
Fünf: Sanierung des Radweges entlang der Stötteritzer Landstraße bis zur Endhaltestelle der Straßenbahnlinie 4.
Sechs: Einrichtung eines Fahrradparkplatzes/ Aufstellung von Fahrradbügeln am Bahnhaltepunkt Holzhausen.
Sieben: Einrichtung einer Fußgängerampel/eines Zebrastreifens auf der Kärrnerstraße in Höhe des Einkaufsparks Sophienhöhe.
Wo dieser Antrag zu finden ist? Im öffentlichen Ratsinformationssystem Allris. Warum er ÖPNV-NutzerInnen den Kamm schwellen lässt? Statt die Chance zu nutzen sich für einen deutlich besseren ÖPNV-Anschluss einzusetzen kommt der Ortschaftsrat nur mit kleinteiliger Kosmetik um die Ecke.
Was nützen Fahrradbügel und zwölf Zug-Minuten bis Hauptbahnhof, wenn das eigentliche Problem ist, dass der Zug nur aller Stunden fährt? Was braucht Oma oder Schichtarbeiter einen dichteren Bustakt am Morgen, wenn er/sie auch abends und am Wochenende gut mobìl sein will?
Der Änderungsantrag ist sicher lange und eifrig diskutiert worden. Am Kernproblem geht er trotzdem meilenweit vorbei: selbst zwanzig Jahre nach der Eingemeindung glänzt der Leipziger Ortsteil Holzhausen noch immer mit einer ÖPNV-Anbindung wie aus der Steinzeit.
Was an diesem Antrag gut ist? Dass der Ortschaftsrat überhaupt den Handlungsbedarf beim ÖPNV erkannt hat. Sein Vorschlag, den wenig beliebten 74er Bus aufzuhübschen, wäre eine Maßnahme.
Eine andere wäre: komplettes Umdenken. Weg vom 74er Bus und stattdessen einfach auf die Nähe zur Straßenbahn zu bauen.
Immerhin kreuzen zwei der besten Leipziger Tram-Linien quasi vor den Toren Holzhausens – selbst sonntagsabends im Viertelstundentakt. Alles was der Ortsteil braucht ist ein zuverlässiger Anschluss an deren Endstellen in Meusdorf oder Stötteritz. Das Zauberwort dafür: Tram-Zubringer.
Zubringer Idee eins: der Quartiersbus. Er pendelt planmäßig zwischen Holzhausen und der Straßenbahn. Wahlweise deckt er möglichst viele Gebiete ab oder ermöglicht an ausgewählten Haltepunkten einen 15-Minutentakt.
Zubringer-Idee zwei: der Rufbus. Seine Touren wären nicht von einem Fahrplan bestimmt, sondern vom jeweils aktuellen Fahrtwunschaufkommen. Eingesammelt würden diese über eine App. Aufgrund der neuen Technologien erlebt der Rufbusgedanke gerade wieder neuen Auftrieb. Das Berliner Testmodell heißt Berlkönig. Im Leipziger Norden gibt es derzeit ein Modellprojekt mit dem Namen Flexa.
Zubringer-Idee drei: Clevershuttle. Der Fahrdienst mit den grünweißen Autos funktioniert ähnlich wie ein Sammeltaxi. Sein Vorteil: Das System ist dem Rufbus ähnlich, muss aber nicht eingerichtet werden – sein Versorgungsgebiet reicht schon heute bis Holzhausen.
Zusätzlich gäb es noch die kleinen Stellschrauben für eine bessere Erreichbarkeit. Überfällig wäre die Erweiterung des Alita-Gebietes auf Holzhausen. Ganz neu wäre die Variante mit dem autonomen Bus – hier könnte sich der Ortsteil als Testregion ins Gespräch bringen.
Schließlich wären da auch noch die seit dem Sommer neuen E-Scooter. Sie sind umstritten, aber die Fahrzeiten bis/ab Tram sprechen Bände. Zehn Minuten ab Mühle bis zur 4, neun Minuten ab Endstelle der 15 in Meusdorf bis zur August-Bebel-Siedlung.
Wer einen eigenen hat, kann ihn kostenlos in der Bahn mitnehmen. Leihgeräte werden einfach abgestellt, bis der/die nächste kommt und ihn weiter nutzt. Geniale Mobilitätshilfe – Fahrspaß inklusive.
Fazit: Auf reichlich 6000 Einwohner rund 3000 Autos – das ist nicht nur ein Spitzenwert sondern hängt auch mit der bescheidenen ÖPNV-Anbindung Holzhausens zusammen. Sie zu verbessern ist heute eigentlich kein Problem mehr. Die Tram ist nah – für die Lücke dazwischen fehlt es nicht an Ideen sondern schlicht an Engagement.
Wie war das noch beim Änderungsantrag für den Nahverkehrsplan? Der Ortschaftsrat hat Zebrastreifen und Fahrradbügel angeregt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
One thought on “Leipzig, Holzhausen, ÖPNV, Nahverkehrsplan”